Beeindruckende Autorenlesung in der Alten Propstei

„Die Angst vor dem Sterben ist die archaischste und tiefste Furcht, die wir haben können. Sie ist auch eine Angst vor der Ungewissheit, was im Sterbeprozess geschieht, vor dem Alleinsein, dem Verlassen werden. Deshalb handelt dieses Buch vor allem davon, wie sich diese Angst verändern lässt – damit wir gut sterben können.“

Mit diesen Worten begann Dorothea Mihm ihre Lesung am 4. Oktober 2018 in der Alten Propstei. Eingeladen hatte sie der Kath. Hospizverein Marsberg, der sich über die hohe Zahl der Interessierten (über 120 Teilnehmer) sehr freute. Frau Mihm las aus ihrem Buch „Die sieben Geheimnisse guten Sterbens“ vor und stellte sich anschließend noch den Fragen aus dem Publikum.

„Der Tod gehört zum Leben“, erläuterte sie den Anwesenden, denn sie hat als ausgebildete Kranken- und Palliativschwester  jahrzehntelang nahezu täglich mit Sterbenden gearbeitet und tut dies auch heute noch. Ihr Wunsch, das Sterben zu verstehen, führte sie u. a. bis nach Asien, wo sie neue würdevolle Sterbetraditionen kennenlernte.

Gemeinsam mit der Medizinjournalistin Anette Bopp erzählt sie in ihrem Buch in sehr persönlicher Weise von ihren Erfahrungen  und bietet gleichzeitig einen Zugang zu grundlegendem Wissen über die Vorgänge im Sterben. Die „sieben Geheimnisse“ bilden die Voraussetzung dafür, dass wir dieser letzten Lebensphase ruhig und gelassen entgegen sehen  können. In ihrem Buch geht es nicht ausschließlich  um den Tod, sondern vor allem über das Leben, sagt sie. „Es geht um die Kraft, die alles überspannt: die Liebe, das Mitgefühl“.

Das erste Geheimnis guten Sterbens lautet: „Memento mori“. Der Tod ist der letzte Lebensabschnitt; folglich gilt es, sich daran zu erinnern, dass wir sterben werden. In der Vergangenheit lebten die Menschen offener mit dem Tod. Schwerkranke wurden zu Hause betreut und Verstorbene dort auch bis zur Beerdigung aufgebahrt.

Das nächste Geheimnis empfiehlt, „innere Hindernisse zu überwinden“. Auf dem lebenslangen Weg zu sich selbst muss der Mensch lernen und akzeptieren, Abschied zu nehmen. Das Altern lässt  ihn deutlich spüren, dass Kräfte schwinden, Kompetenzen nachlassen, Beziehungen abnehmen. Frau Mihm veranschaulichte dieses Lernen durch die Schilderung ihrer Erfahrungen auf einer Intensivstation.

„Das Sterben verstehen“ nennt sie das dritte Geheimnis oder sich auf die „Suche nach der Seele“ zu begeben. Dabei erwies sich das Tibetische Totenbuch für sie als hilfreich: dort werden die fünf Sterbephasen beschrieben, die sie auch beim Tod ihres Vaters und in ihrer beruflichen Praxis immer wieder erfahren/erkannt habe.

Für ganz wesentlich hält sie das vierte Geheimnis: „Über den Körper die Seele erreichen“. Sie bezeichnet die Basale Stimulation als den Schlüssel, um dieses Ziel erreichen zu können. Der größte menschliche Schmerz ist im Alter die soziale Isolation. Dem kann man durch ein „Kommunizieren von Herz zu Herz“ begegnen. So entsteht ein „Konzept der Menschenwürde“.

Das fünfte Geheimnis betont, die „Entwicklung des Menschen kennt keine Grenzen“. An selbst erlebten Reaktionen beim Zusammensein mit Komapatienten   hat Frau Mihm erfahren, dass sich die Entwicklung bis zum letzten Atemzug erstreckt. Deshalb hält sie es für wesentlich, am Krankenbett präsent zu sein und den Respekt gegenüber dem Sterbenden bis zum Schluss zu wahren. (Als Beispiel für die Mundpflege nannte sie: „Der Mund muss kussfrisch sein“.)

Auch das sechste Geheimnis beinhaltet einen Lernprozess: „Das Lassen lernen“. Frau Mihm erklärte, das „Greifen und Festhalten kann ich seit meiner Geburt“, jetzt muss ich lernen, loslassen zu können. Das kann ich durch das Schenken und Teilen einüben, sie fordert es sogar, auf diese Weise zu lernen.

Das siebte Geheimnis strebt an, „in sich selbst die Liebe zu finden“. Stirbt ein geliebter Mensch, so wird uns durch den Verlust dieses Menschen oft erst die Tiefe dieser Liebe schmerzlich bewusst, erklärte Frau Mihm. Folglich gehört auch der Tod zur Liebe. Weiterführend betonte sie, dass der Tod uns die Möglichkeit gibt, unser wahres Selbst zu erkennen, das, was unser Inneres ausmacht. „Der Tod schenkt uns auch die Erkenntnis, dass die wahre Liebe weit über den Tod hinaus reicht“. Je tiefer die Liebe, desto weniger die Trauer. Warum sie diese These so vertritt, erklärt sie damit, dass „die Liebe loslässt. Wahre Liebe haftet nicht, hält nicht fest. Die Liebe kann alles Vergängliche überwinden und damit selbst unvergänglich werden“.

Abschließend gibt Frau Mihm in ihrem Buch noch einige ganz praktische Tipps:

  • Das Packen eines Sterbekoffers
  • Das Anfertigen einer Patientenverfügung
  • Das passende Bestattungsunternehmen suchen
  • Basale Stimulation kennenlernen und anwenden
  • Hinweise für das Pflegepersonal und die Hospizbegleiter übermitteln (z.B. Links- oder Rechtshänder, Glaubensrichtung, Fan von Sportvereinen, geliebte Fernsehsendungen, Lieblingsfarben …)

Langanhaltender Applaus der Zuhörer und die Zusicherung des Hospizvereins, Frau Mihm erneut zu Fortbildungsmaßnahmen innerhalb des Aktivkreises zu den Bereichen „Basale Stimulation“ und „Spiritualität“ einzuladen, beendeten diesen eindrucksvollen Abend.


Lesung Frau Mihm

Einführende Worte durch Laura Edel

Authorin Mihm

Buchauthorin Dorothea Mihm

Zuhörer Lesung Frau Mihm

Gäste bei der Lesung von Frau Mihm